Biblische Geschichten II

Waren im ersten Buch Moses (Genesis) Gott und Mensch die Gegenspieler, die eine Handlung vorantrieben, so stehen Gott und sein Volk Israel in den weiteren Mosesbüchern (Exodus, Levitikus, Numeri, Deuteronomium) Seite an Seite einem gemeinsamen Antagonisten gegenüber, nämlich Ägypten.
Ägypten ist die Gefahr. Ägypten unterdrückt. Aber Ägypten verführt auch. Verführung heißt Assimilation. Am Ende hat Israel die Knechtschaft abgeworfen und sich der Verführung widersetzt. Nun erst darf es sich ein Volk nennen. Und Gott gibt dem Volk eine Verfassung. Das sind die Zehn Gebote.

Moses ist das Sprachrohr Gottes, ein Mann mit allen Schwächen, der ebenso heftig gegen seine eigenen Obsessionen zu kämpfen hat wie gegen die Maßnahmen des Pharaos. Dieser Moses hat wenig gemeinsam mit den klassischen antiken Helden, die den Zweifel nicht kannten. Moses ist ein Mensch, und als solcher kann er bis zu seinem Tod nicht verstehen, warum Gott ausgerechnet ihn ausgewählt hat.

Aus der Familiengeschichte ist die Geschichte eines Volkes geworden. Aber in Wahrheit ist es die Geschichte eines Mannes.

ORF-CD632